Die Politik, das Öl und andere Rohstoffe
Die Opec lässt die Muskeln spielen und fördert weniger Öl. Die Preise steigen, die Inflation auch und alle Anstrengungen, die Lage unter Kontrolle zu bringen, sind ausgehebelt. Es zeigt sich wieder einmal: Öl ist der politischste Rohstoff. Aber nicht der einzige.
Wer mag es schon gerne aufs Abstellgleis geschoben zu werden. Das setzt Trotz ein, auch vielleicht Ärger, Lust auf Heimzahlen. Die Zukunft soll grün sein, grüner Strom, grüner Wasserstoff, E-Fuels. Öl kommt in dieser Rechnung nicht mehr vor. Gut und wichtig für den Klimaschutz. Aber ärgerlich für die bisherigen Lieferanten.
Die Wirtschaft der Opec-Staaten ist zu einem guten Teil aufs Öl ausgerichtet. Sie bauen seit Jahren um, kommen aber nicht wirklich voran. Und bekommen immer nur zu hören, dass sie doch bitte so lange zu angemessenen Preisen liefern sollen, bis sie überflüssig sind. Kein Wunder also, dass sie das nicht mehr einfach so hinnehmen. Die jetzige Förderkürzung könnte nur der Auftakt sein zu weiteren Runden.
Gut möglich also, dass kurz vor dem Auslaufen eines Geschäftsmodells noch schnell die Preise erhöht werden, bevor es gar nichts mehr zu verdienen gibt. Das Gleichgewicht, dem sich auch die Lieferländer verpflichtet fühlten, es bröckelt. Denn ja, allzu hohe Preise würgen die Weltkonjunktur ab. Früher wurde mit Förderausweitungen oft genug gegengehalten und die Konjunktur gestützt. Aber was schadet das noch, wenn die Abnehmer ohnehin weniger bestellen wollen und in einigen Jahren ganz aufs Öl verzichten?
Das Öl war schon immer ein sehr politischer Rohstoff und wird es jetzt vielleicht auf seine letzten Tage noch mehr. Doch es ist nicht der einzige. Schon heute werden Verteilungskämpfe um knappe Ressourcen ausgetragen. Seltene Erden, Kobalt, Palladium: Wer über die Lagerstätten verfügt, kann damit Politik machen. Und andersherum: wer die Rohstoffe verarbeitet, sucht derzeit nach Alternativen. Nach neuen Vorkommen und nach Ersatzmaterialien in der Produktion.
Dem gesamten Rohstoffmarkt steht also eine unruhige Zeit bevor. Möglich, dass sich Blöcke bilden, dass Warenbörsen nicht mehr weltweit funktionieren, dass zwischen „guten“ und „bösen“ Lieferanten unterschieden werden wird. Möglich aber auch, dass sich zwischen den politischen Polen die Spannungen immer wieder ändern. Dass neue Allianzen entstehen und alte brechen. Rohstoffe werden noch mehr zum Instrument der Politik.
Für die Preise bedeutet das nur, dass sie aus anderen Gründen schwanken. Investoren sollten ein waches Auge auf diese Entwicklung haben. Der Rohstoffhandel wird noch viel mehr als bisher ein echter Profimarkt, Privatanleger haben dort wenig zu gewinnen.