Risikoappetit oder eher doch nicht?

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Lange Zeit waren die Kryptowährungen ein guter Indikator für den Risikoappetit der Märkte. Stiegen sie, performten auch Aktien gut. Fielen sie, war Vorsicht angebracht und die bessere Wahl, sichere Häfen anzulaufen. Dies hat sich geändert – und das auch bei der Einschätzung des Begriffs Sicherheit.

So stieg der Bitcoin und in dessen Gefolge auch manch andere Kryptowährung in den vergangenen Wochen stark an. Und ja, Fake-Meldungen über die Zulassung eines Bitcoin-ETF durch die US-Börsenaufsicht spielten dabei eine Rolle. Aber nur kurz, denn kaum als Fake enttarnt handelte der Markt die rasanten Kursgewinne zurück – nur um dann doch wieder in Bitcoin-Kauflaune zu kommen. Der Anstieg ging weiter.

Und den gerade um Krypto aktualisierten und frisch gedruckten Lehrbüchern zufolge hätte dieser Anstieg ein Ausdruck des wieder wachsenden Risikoappetits der Märkte sein sollen. Denn so die Theorie: nur wer große Risiken in Kauf nimmt, nutzt Kryptos zur Anlage – und hat dann auch Appetit auf andere Risikoassets wie eben Aktien. Doch die Aktienkurse dümpelten oder bröckelten und sind auch nach einer Erholung noch weit von ihren einstigen Hochs entfernt.  

Was nicht wundert angesichts der Weltlage. Krisen allüberall, in Nahost, in Westafrika, in Osteuropa. Ausreichend Gründe also, eher skeptisch zu sein – und noch eine Weile zu bleiben, denn Lösungen sind nicht wirklich in Sicht. Wiederum nach Lehrbuch sollten Anleger hier sichere Häfen suchen, Rentenpapiere und Gold kaufen.

Doch auch hier zeigt sich eine bemerkenswerte Abweichung im Verhalten: Zwar stieg der Goldpreis deutlich, Gold scheint als sicherer Hafen also zu funktionieren. Doch anders die Entwicklung vor allem bei den sonst in solchen Situationen so gesuchten langlaufenden Anleihen bester Bonität: sie blieben ungewollt und gaben nach. 

Auch dies kein Wunder, stehen doch die Zeichen noch immer auf Inflation und damit auf ein weiteres Verschieben der nachhaltigen Zinssenkungen. Gerade die Kriege in Osteuropa und im Nahen Osten heizen die Energiepreisspirale wieder an, der Winter steht vor der Tür. Keine wirkliche Entspannung also in Sicht.

Die Anleger reagieren mit entsprechend gemischten Gefühlen – und lassen diese auch einfach raus. Gold ja, Langläufer nein, Kryptos ja, Aktien nur bedingt. Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis sich die Dinge hier wieder sortieren und die Märkte zu einer einigermaßen einheitlichen Bewegung zurückfinden. Vorsichtige Anleger wählen deshalb nicht eine der Anlageklassen aus, sondern nehmen alle in guter Mischung ins Depot. 

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